Eine kurze Geschichte des Zuckers.
Trotz des wachsenden Bewusstseins um die Bedenklichkeit des Zuckerkonsums zeigt sich, dass die weltweite Zuckererzeugung und der Weltzuckerverbrauch auch heute noch stetig steigen. Und es finden sich immer noch Artikel oder Webseiten, die den hohen Zuckerverbrauch mit der Begründung rechtfertigen, dass es seit der Steinzeit in uns angelegt sei, süß zu essen. Zwischen einer Affinität zu süßer Geschmacksrichtung und dem was wir heute, bedingt durch jahrelange Prägung, als süß genug empfinden,besteht allerdings ein enormer Unterschied.
Vom weißen Gold zum Massenkonsum
Ein kurzer Blick auf die Geschichte des Zuckers in Mittel- und Nordeuropa gibt einen Eindruck davon, wie sehr sich die ursprüngliche Ernährung in dieser Hinsicht von der heutigen unterscheidet:
Obwohl Zucker in der Spätantike für sehr reiche Patrizier in Rom als Luxusgut aus Persien und Indien importiert wurde, scheint er zu der Zeit nicht bis zu uns vorgedrungen zu sein. Um 1100 n. Chr. gelangt Zucker wohl erstmals mit den Kreuzfahrern nach Europa und wird als Arzneimittel und Luxusgut von Königen und Fürsten verwendet. Ab ca. 1500 wird Zuckerrohr weltweit auf Plantagen angebaut und bleibt ein absolutes Luxusgut für die Reichen. Er ist so kostbar, dass er als weißes Gold bezeichnet wird.
Selbst im 17. Jahrhundert ist Zucker noch so teuer, dass ihn sich nur reiche Leute leisten können. Erst mit der industriellen Zuckerproduktion, die Anfang des 19. Jahrhunderts ihren Anfang nahm (die erste Rübenzuckerfabrik der Welt entstand zu dieser Zeit in Schlesien), und die durch Napoleon im großen Stil veranlasst wurde, wurde Zucker nach und nach auch in der Bevölkerung erschwinglich. Erst ab ca. 1850 sanken die Zuckerpreise so weit, dass er überhaupt eine Bedeutung in der täglichen Ernährung bekam. Das bedeutet, dass erst seit etwas mehr als 150 Jahren Zucker überhaupt auf dem Speiseplan der meisten Menschen erscheint.
Auch andere Süße wie z.B. durch Honig oder Äpfel hat früher nicht die gleiche Rolle gespielt wie heute. Der Honig wurde von sogenannten Zeidlern im Wald gesammelt, das heißt er kann kaum in großen Mengen zur Verfügung gestanden haben. Wenn man außerdem bedenkt, dass die ursprünglichen heimischen Äpfel so sauer waren, dass sie heute als mehr oder weniger ungenießbar empfunden werden, wird schnell deutlich, dass der mittlerweile als normal empfundene extrem hohe Bedarf an Süßem kein naturgegebenes Phänomen, sondern ein künstlich antrainiertes Bedürfnis ist.